Jung und heldenhaft in der Schauspielkunst

Themenabend der Jungen Theaterakademie Offenburg am Freitag und Samstag in der Reithalle: Dieses Mal ging es um „Superhelden“. Warum sie so beliebt sind, wofür ihr Vorbild zu gebrauchen ist und wofür nicht.

von Barbara Puppe-Opahle, Badische Zeitung vom 25. Juni 2024

Fotos: Armin Krüger

Es waren zwei Theaterabende des Projekts „Baukasten Demokratie“, die schier überquollen vor Schwung, Begeisterung, Kreativität und schauspielerischen Talenten. 170 Mitwirkende waren es insgesamt, die das Publikum zu begeisterten Beifall-Bekundungen mitrissen. Schlag auf Schlag ging es durchs Programm mit Theater-, Tanz-, Performance- und Filmbeiträgen aller Generationen: Technisch aufwändig und witzig aufgemachte Kurzfilme, gedreht mit Schulklassen oder beim Filmworkshop der Internationalen Wochen gegen Rassismus, szenische Bilder, Neuer Tanz, der Kinder-und Erwachsenenfachklassen, eine Performance und anspruchsvolle Texte der Erwachsenengruppe der Volkshochschule, die Marimba-Musik ein rhythmischer Genuss, die Theateraufführungen der Jungen Theaterakademie – besonders im zweiten Teil – toll.

Hintergrund ist das Projekt „Baukasten Demokratie“, das Paul Barone, Leiter der Jungen Theaterakademie, vor fünf Jahren mit verschiedenen Offenburger Schulen initiierte, um damit einen Beitrag zur Freiheitserziehung in der Freiheitsstadt Offenburg zu leisten. Theater- und Filmprojekte entstanden, die sich mit Grundfragen des Zusammenlebens auseinandersetzen mit dem Ziel, Demokratie mit ihren Elementen wie Teilhabe, Partizipation, Vernetzung auch erlebbar zu machen. Erfahrungen wie Einsamkeit, Ausgrenzung, Mobbing, Macht, Versöhnung, Vertrauen, Hilfsbereitschaft, Verständnis, Freundschaft wurden in Film, Theater und Standbildern thematisiert. Und es ging um Heldenbilder. „Wir machen uns ein eigenes Bild ist, was ein Held ist“, verkündete die Auftaktszene um ein Heldenstandbild mit rotem Mantel, goldener Rüstung und Schwert.

Was also ist ein Held oder eine Heldin? „An welche Helden glauben wir? Welche Bilder von heldenhaften Menschen machen uns Mut? Müssen wir der Held unseres eigenen Lebens werden? Wie, wenn überhaupt, wollen wir Helden sein? Ist die Idee des Helden, der alles locker im Alleingang schafft, heute überhaupt noch
zeitgemäß? Und was, wenn keiner der Superheld ist, sondern alle nur Menschen?“ Von verschiedenen Seiten her wurden die Ideen dazu beleuchtet, diskutiert und umgesetzt. Zuerst seien die Kinder und Jugendlichen auf Comic-Helden wie Spiderman gekommen, erinnert sich Spielleiterin Cornelia Barone. Zusammen mit Patrick Labiche führt sie kommenden November „Alice im Wunderland“ auf. Szenen aus der neuen Eigenproduktion,
gespielt von der Theatergruppe ab der achten Klasse, waren zu sehen. Die Jugendlichen hätten ihre Heldenvorstellungen reflektiert und festgestellt: „Das sind gar nicht die richtigen Helden, es gibt auch Helden im Alltag. Das kann die Feuerwehr sein, die Polizei, Notärzte gehören auch dazu und auch die Mama sowie
die Menschen, die uns unterstützen im Alltag“, so die Spielleiterin.

„Hinter allen Beiträge, die sich in unterschiedlichen Facetten mit der Heldenfrage auseinandersetzen, steht die
Tatsache, dass wir in einer Gesellschaft leben, die zunehmend unter Optimierungs- und Leistungsdruck leidet, dass an jeden eine Erwartungshaltung gerichtet ist, ein Superheld zu sein“, erklärte Paul Barone. Das sei problematisch, weil es mit Druck, Erschöpfung, Selbstzweifeln und Ängsten verbunden ist. Diese Ambivalenz habe man herausgearbeitet, auch dass es ziemlich viele falsche Vorbilder und Heldenbilder gibt.

Die Helden der Bühne waren zweifelsohne die jungen Akteure, denen man die Freude am gemeinsamen Auftritt anmerkte. Selbst die Jüngsten bewegten sich selbstsicher vor der Filmkamera und vor Publikum, tanzten, ließen sich fallen, drehten sich und verharrten in ihrer Pose, bei einigen ließ sich eine überdurchschnittliche schauspielerische Begabung erkennen. Im Film etwa, der sich mit Mobbing auseinandersetzt oder im Film
mit beeindruckenden Spezialeffekten, Magie, Wesen mit Zauberkräften und Außerirdischen. Sehr gelungen der fast dreistündige Mix aus künstlerischen Genres und das Zusammenspiel von Bühnengeschehen, filmischem Background und musikalischer Untermalung. Großartig auch das Gedicht „Es ist für das Ja zum Leben“, vorgetragen von der Erwachsenengruppe der VHS. Leider zu schnell vorbei. Schade, dass es nicht im Programmheft abgedruckt war. Mancher hätte es gern nochmal nachgelesen.

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