Offenburger Tageblatt, 10. Juni 2020, Autor: Florian Pflüger
„Theaterbaukasten“: Wie Schüler Theater machen können – Paul Barone, Leiter der Jungen Theaterakademie, gibt mit einem kürzlich veröffentlichten „Theaterbaukasten“ seine Erfolgsrezepte weiter. Der „Grimmels“-Lehrer freut sich nun besonders darüber, dass endlich wieder geprobt werden kann.
Auch für Paul Barone waren die zurückliegenden Wochen eine außergewöhnliche Zeit. Für den Lehrer am Grimmelshausen-Gymnasium bedeuteten die Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie eine doppelte „Zwangspause“: Er konnte nicht wie gewöhnlich im Klassenzimmer unterrichten – und an Theaterproben war nicht zu denken. Der 45-Jährige leitet neben dem Kurs „Literatur und Theater“ am „Grimmels“ die Junge Theaterakademie, die mit Inszenierungen wie „Vision Freiheit“, „Gutenbergs Traum“ oder „Robin Hood“ schon einige viel beachtete Stücke auf die Bühne gebracht hat.
Umso mehr konnte er sich darüber freuen, dass der in Weinheim ansässige Beltz-Verlag vor einigen Wochen seinen „Theaterbaukasten“ veröffentlicht hat. Das Kartenset soll anderen helfen, die in erster Linie mit Jugendlichen oder jungen Erwachsenen Theater spielen wollen. Es soll einen Überblick geben über die Mittel, die auf der Bühne zum Einsatz kommen, „ohne dass es zu sehr theoretisch ist“, wie Barone sagt.
Unbefangener Blick
Die Zusammenstellung habe sich über Jahre entwickelt, berichtet er. Zunächst nur ein Din-A-4-Blatt, kamen immer neue Aspekte dazu – auch mit- hilfe der Schüler. Diese hätten oft einen unbefangeneren Blick aufs Theaterspiel und seien „sehr spontan“, hat der Theaterleiter festgestellt.
Barone nennt die Stichwörter „Partizipation“ und „Kooperation“, wenn es um seine Vorstellung vom Theatermachen mit jungen Menschen geht. Es gehe nicht darum zu sagen: „Macht das so und so!“ Vielmehr sei das Ziel ein gemeinsames Theaterstück, mit dem die Beteiligten eine gemeinsame Welt schafften. „Die Schüler sollen am ästhetischen Prozess beteiligt werden, und dafür brauchen sie das Handwerkszeug“, sagt Barone zur Idee des „Theaterbaukastens“ .
Darin finden sich einfache Übungen zur Bewegung im Raum und Improvisationsübungen, aber auch Begriffe wie „Postdramatisches Theater“ oder „Episches Theater“ tauchen in dem Kartenset auf, die sogar für die Abiturprüfungen von Bedeutung sind – in diesem Jahr gibt es am „Grimmels“ neun Prüflinge in dem Kurs. Barone ist es aber ein Anliegen, Theorie zu vermitteln, „ohne dass man klassischen Unterricht macht“.
Seit Kurzem wird endlich wieder geprobt. Mit der Jungen Theaterakademie ist Barone dazu in die Räume der Kunstschule umzogen. Dort ist mehr Platz als im alten Kapuzinerkloster, wo die Proben der aktuell 35 Schauspieler zählenden Gruppe normalerweise stattfinden.
Wahre Geschichte
Das aktuelle Projekt „Richard und Rosa“, das auf der wahren Geschichte des einstigen „Grimmels“-Schülers Richard Mundinger, dessen Liebe zu einer Halbjüdin die Nazizeit überdauerte, wird unter Corona-Bedingungen entwickelt. Natürlich ist auch der Abstand von 1,50 Metern zwischen den einzelnen Darstellern einzuhalten.
Barone hat eigens eine Handreichung „Theater spielen in Zeiten von Corona“ zusammengestellt. Ein Vorschlag darin: Die Schauspieler bewegen sich wie im Schwimmbad in Bahnen, um das Abstandsgebot einzuhalten.
Aus seiner Sicht werfen die Corona-bedingten Veränderungen auch interessante Fragen im Bezug aufs Theater auf: Wie kann man emotionale Nähe bei körperlicher Distanz darstellen? Wie kann man sich überhaupt nahe kommen? Indem sie für neue Ideen und Impulse sorge, könne die Corona-Zeit auch eine Chance sein. Auch die digitalen Möglichkeiten spielen eine größere Rolle. So sei beispielsweise ein experimentelles Video zum aktuellen Theaterprojekt geplant.Info
Kosten
Das Kartenset „Der Theaterbaukasten – Ein Leitfaden für die theaterpädagogische Praxis“ von Paul Barone ist beim Beltz-Verlag erschienen. Es kostet 39,95 Euro.