Inhalt

Wer ist eigentlich Robin Hood? Ein Abenteurer? Ein Räuber und Wegelagerer? Oder ein edler Rächer der Unterdrückten? Ein Kämpfer für die Gerechtigkeit? Und: Was hat uns seine Geschichte heute noch zu erzählen?

In unserer Theaterproduktion haben wir nach eigenen, oft überraschenden Antworten auf diese Fragen gesucht.

Die Szene „Die Gründung von Robin Hoods Bande“ setzt sich mit der Frage auseinander, was eigentlich eine gerechte Gemeinschaft zusammenhält.

Partner

Ein Gemeinschaftsprojekt des Theater am Grimmels, der HLSOG und der Kunstschule Offenburg

Musikkomposition: Jan Esslinger

Mitwirkende

Infos zu den Mitwirkenden im Programmheft

Weitere Infos zu „Robin Hood“ finden sich auf der Website der Jungen Theaterakademie.

Der Theaterbaukasten

Hier finden sich Erläuterungen, wie die Bausteine des Theaterbaukastens in der Szene zur Anwendung kommen (ohne dass an dieser Stelle näher auf die Entwicklung der Szene eingegangen werden kann):

Raum

Storyvorlage: Unsere Eigenproduktion „Robin Hood“ geht von der in vielfältigen Varianten überlieferten Robin-Hood-Legende aus. Aus den heutigen Medienwelten sind der Theatergruppe viele Spielarten bekannt, an denen unsere Improvisationen anknüpfen konnten. 

Frage: Die 

Position: Bei der Gründung der Bande liegt der szenische Schwerpunkt auf der Position 2, die den stärksten Fokus zieht.

Höhe: Die Choreo der Rehe spielt mit den verschiedenen Höhen: Nach einem kurzen Freeze richten sich die halb gebückt schleichenden Rehe zum Lauschen auf, anschließend gehen sie wieder in eine gebückte Haltung. Dieser Ablauf wiederholt sich mehrfach. Schließlich legen sich die Rehe zum Schlafen hin.

Zeit

Wiederholen: Die Choreo der Rehe setzt sich aus einfachen Gesten zusammen, die sukzessiv wiederholt werden: Schleichen, Freeze, Kopf ins Publikum drehen, Kopf hoch, wieder in die gebückte Haltung, Weiterschleichen, usw.

In der Choreo der Reichen werden ebenfalls ähnliche Gesten und Handlungen wiederholt, allerdings mit stärkerer Variation.

Körper

Ausdruck: Robin und ihre Bande spielen mit einem mittleren, realistisch wirkenden Ausdruck, um den Zuschauer/innen zu ermöglichen, sich in ihre Lage einzufühlen; die Reichen spielen dagegen mit einem übertriebenen Ausdruck (Stufe 9-10), was ihrem Spiel etwas Komisches verleiht.

Geste: Die Choreo der Reichen setzt sich aus einfachen Gesten zusammen, die wiederholt, variiert, gesteigert und gemischt werden. 

Figur

Außen/Innen: Die Entwicklung der Figur von außen nach innen bietet sich besonders bei Rollen wie den Erzähler/innen (hier haben wir uns an Elementen der Commedia dell’arte orientiert) oder den reichen Damen an. Auf diesem Weg lässt sich leichter ein stilisierter Schauspielstil entwickeln. Bei der Bande ist aber eher der Weg von innen nach außen sinnvoll, um den Schauspieler/innen zu helfen, sich in die Lebensgeschichte der Bandenmitglieder/innen einzufühlen. 

W-Fragen: Die W-Fragen sind hilfreich, um die Situation zu entwickeln, in der sich Robin bei der Gründung der Bande befindet:

Wer bin ich? Ein junges, für vogelfrei erklärtes Mädchen, das seine Eltern durch einen Anschlag des Sheriffs verloren hat.

Wo befinde ich mich? Im Wald, auf der Flucht vor dem Sheriff, heimatlos.

Was mache ich dort? Ich suche einen Weg zu überleben. Kann mir der Bogen helfen, den ich gefunden habe? Und können mir die Menschen, die ich im Wald treffe und die ein ähnliches Schicksal erlitten haben, Unterstützung geben?

Was ist vorher geschehen? Ich habe auf der Jagd ein königliches Reh getötet. Obwohl ich nicht wusste, dass Prinz John dies verboten hat, wurde ich deswegen für vogelfrei erklärt. Der Sheriff ließ unser Haus abbrennen, meine Eltern sind dabei ums Leben gekommen. Ich musste mit meinem Bruder Aiden in den Wald fliehen.

Beziehung

Aktion/Reaktion: Die Gespräche in der Bande gewinnen an Lebendigkeit durch die Reaktion der einzelnen Bandenmitglieder/innen auf die Aussagen und Handlungen der anderen.

Status: Zu Beginn der Szene ist Robin im Tiefstatus. Durch die Gründung der Bande kann sie gemeinsam mit den anderen ihren Status heben. Diesen Hochstatus hält sie in den folgenden Diebstahlaktionen aufrecht. Die reichen Damen dagegen verlieren ihren anfänglichen Hochstatus und geraten in Tiefstatus. Auch innerhalb der Gruppe gibt es Statuskonflikte, z.B. bei der Diskussion, ob Gewalt erlaubt ist.

Publikum: Die Gespräche in der Bande werden mit Vierter Wand gespielt, die stärker stilisierten Diebstahlaktionen dagegen mit Blick ins Publikum.

Komposition

Wiederholung/ Variation/ Kontrast: Der Überfall auf die reichen Damen wiederholt das Grundmuster des Überfalls auf den Hauptmann und das Biest. Im Kontrast zu diesem ersten Diebstahl wird aber beim zweiten keine Gewalt angewendet – entsprechend der Entwicklung in Robins Bande. 

Text

Leitfrage: Die Leitfrage, die wir uns in unserer Eigenproduktion vorgenommen haben, lautet: Was hält eine Gemeinschaft zusammen? Damit zusammen hängen Fragen wie: Was ist gerecht? Mit welchen Mitteln lässt sich für eine gerechtere Gesellschaft kämpfen?

Erzählen: Eine Gruppe von fahrenden Schauspieler/innen übernimmt eine erzählerische Funktion und verknüpft die verschiedenen Handlungsstränge miteinander.

Stimme

Subtext: Der Subtext ist in den Gesprächen zwischen den Mitglieder/innen der Bande von besonderer Bedeutung. Die Kommunikation ist authentisch, aber dennoch sind alle darauf bedacht, nicht zu viel preiszugeben, teils weil ihre Vorgeschichte für sie selbst psychisch belastend ist, teils weil sie Unbekannten nicht zu viel verraten wollen. Dieses Nicht-Ausgesprochene bildet den Subtext, der aber zum Verständnis der Figuren sehr wichtig ist.

Theaterdesign

Kostüm: Den Figurengruppen sind jeweils bestimmte Farben zugeordnet: die Kostüme der Bande sind in Grün- und Brauntönen gehalten, die Kostüme der Erzähler/innen sind rot, schwarz und weiß, die reichen Damen tragen opulente Kostüme in Rot- oder Grüntönen. Auf diese Weise werden die Gruppen in ihrer inneren Zugehörigkeit sichtbar.

Bühnenbild: Das Bühnenbild besteht aus fünf drehbaren Kästen, die von innen gesteuert werden können. Auf jeder Seite ist ein abstraktes Bildmotiv zu sehen, das verschiedenen Spielorten zugeordnet wird. Die Bandenmitglieder/innen treten aus den Kästen auf und verschwinden wieder in ihnen. So ist das Bühnenbild nicht nur beweglich, es ist auch ins Spiel einbezogen und eröffnet neue schauspielerische Möglichkeiten.

Der Storytelling-Baukasten

Hier finden sich Erläuterungen, wie die Bausteine des Storytelling-Baukastens in dem Theaterprojekt „Robin Hood“ zur Anwendung kommen (ohne dass an dieser Stelle näher auf die Entwicklung der Szene eingegangen werden kann):

Idee

Storyvorlage: Unsere Eigenproduktion „Robin Hood“ geht von der in vielfältigen Varianten überlieferten Robin-Hood-Legende aus. Aus den heutigen Medienwelten sind der Theatergruppe viele Spielarten bekannt, an denen unsere Improvisationen anknüpfen konnten. 

Frage: An folgenden Fragen haben wir uns bei der Entwicklung der Story orientiert:  „Was bedeutet Gerechtigkeit für uns?“, „Was macht für uns wahre Gemeinschaft aus?“. Über die zweite Frage konnten wir uns auch damit auseinandersetzen, wir wir in unserer Theatergruppe das gemeinschaftliche Miteinander gestalten können.

Vision: Unsere Vision von Gemeinschaft kommt in dem selbst geschriebenen Lied der Bande zum Ausdruck: „Zusammen leben wir im Wald,/ Mit Pfeil und Bogen in der Hand!/ Gemeinsam geben wir uns Halt,/ Geteiltes Leid ist unser Band.“

Story

Situation: Mehrere Szenen, die in dem Videoauschnitt zu sehen sind, haben wir mithilfe der Improvisation  „Aktion – Reaktion“ entwickelt. Folgende Situations-Impulse haben wir den Impros zugrundgelegt: „Die Bande streitet darüber, wem der Bogen gehören soll.“ – „Die Bande streitet darüber, ob Gewalt erlaubt sei.“ – „Die Grüdung der Bande.“

Drehpunkte: Ein Drehpunkt in unserer Story ist der gewaltsame Überfall auf den Hauptmann. Danach trifft die Bande die Entscheidung, keine Gewalt anzuwenden und findet damit zu ihrer eigenen Identität.

Konflikt: Der zentrale Konflikt ist der Kampf zwischen Robin und seiner Bande gegen Prinz John und den Sheriff um die Wiederherstellung der Macht von König Richard, dem legitimen und gerechten Herrscher.

Heldenreise

Aufbruch: Nachdem Robin versehentlich ein königliches Reh getötet hat, wird sie vom Sheriff geächtet. Sie bricht in die fremde Welt des Waldes auf und gründet dort ihre Bande. Auch die anderen Bandenmitglieder, deren individuelle Geschichte wird in Impros, Schreibwerkstätten oder Diskussionen entwickelt haben, haben unter der bösen Herrschaft von Prinz John und dem Sheriff zu leiden.

Aufgaben: Robin hat als „primus inter pares“ ihrer Bande viele Aufgaben zu meistern: die Kämpfe gegen Sheriff und Prinz John, die Überfälle auf die Reichen oder Streitigkeiten innerhalb der Gruppe wie bei der Frage, wem der Bogen gehören soll und ob Gewalt erlaubt sei.

Charaktere

Held: Wir haben uns dafür entschieden, Robin weiblich zu besetzen („Robin“ ist im Englischen sowohl ein weiblicher als ein männlicher Vorname). Wir wollten das stereotyp männliche Heldenbild in Frage stellen, das klischeehaft vielen Robin-Hood-Bearbeitungen zugrundeliegt, und in unserer Eigenproduktion ein eigenes Verständnis von Heldentum entwickeln.

Helfer: Robins ist nicht die Heldin, die allein auf sich selbst gestellt kämpft, sondern auf die Gemeinschaft mit Helfern setzt: auf die Unterstützung ihres Bruders Aiden, der für sie wie ein Freund ist, auf die Bandenmitglieder, die ihre Verbündeten sind, und schließlich auf die Zauberin Olwyn, die, wenngleich etwas karikaturhaft gezeichnet, die Funktion einer Mentorin übernimmt.

Storyworld

Setting: Unsere Eigenproduktion spielt in zwei getrennten Räumen: der Raum des Waldes, in der Robin mit ihrer Bande lebt, und der Raum des Palastes von König Richard, in dem Prinz John unrechtmäßig die Macht übernommen hat. Die Begegnung zwischen beiden Welten verläuft konfliktreich, solange Prinz John an der Macht ist, so z.B. als der Wachtmann von Prinz John oder die reichen Damen im Wald von Sherwood unterwegs sind und von Robins Bande überfallen werden.

Bewohner: Zu beiden Räumen gehören vielfältige Bewohner, die es ermöglichen zahlreiche Rollen zu schaffen. Zum Raum des Waldes gehören neben Robin und ihrer Bande auch die Tiere des Waldes (Rehe), zur Welt des Palastes neben Prinz John und dem Sheriff auch die Wachen, der Hauptmann, das „Biest“, die reichen Damen – und natürlich auch der gefangen genommene König Richard.

Werte: In beiden Räumen gelten gegensätzliche Werte: Gerechtigkeit – Macht, Aufrichtigkeit – Lüge, Gemeinschaft – Eigennutz. Hinter den Kämpfen zwischen beiden Seiten steht letztlich immer auch ein Wertkonflikt, der erst am Ende mit der Befreiuung von König Richard zugunsten von Robins Wertewelt gelöst wird.

Objekte: Eine besondere Bedeutung gewinnt der Bogen, weil er zu einem Symbol des gemeinschaftlichen Zusammenhalts der Gruppe wird. Er bringt also nicht nur die Handlung voran (z.B. als Robin das königliche Reh schießt), er charakterisiert auch die Figuren, die jeweils Unterschiedliches mit ihm verbinden (so z.B. Little John, der ihn geschnitzt hat), und symbolisiert auch die Werte, die für Robins Bande zentral sind.

Schauspielen

Rollen: Durch Vervielfachen konnten wir zahlreiche neue Rollen schaffen: Bandenmitglieder, Reiche, Wachen, Tiere, usw. Damit haben wir auch Ansatzpunkte für chorische Szenen gewonnen.

Chor: Choreografien, die sich aus einfachen Bewegungselementen (wie Gesten oder Haltungen) zusammensetzen, haben wir z.B. für den Überfall auf die reichen Damen oder die Auftritte der Rehe entwickelt.

Dramaturgie

Erzähler: Als erzählerisches Element haben wir die fahrenden Spielleute eingebaut, die uns die Geschichte von Robin Hood und ihrer Bande erzählen. Sie kommentieren das Geschehen, berichten über die Ereignisse und können mit den Plot nach Belieben gestalten, indem sie zum Beispiel die Handlung zurückspulen (flashback).  

Wir freuen uns über eine Rückmeldung.

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