Inhalt

Offenburg, Anfang der 1920er Jahre: Richard Mundinger, Schüler des heutigen Grimmelshausen-Gymnasiums, lässt sich wie vieler seiner Freunde – Offenburger Gymnasiasten und Oberrealschüler – von der jungen NS-Ideologie mitreißen. Er ist bei der Gründung der NSDAP-Jugendgruppe dabei, später tritt er in die SA und SS ein. Anfang der 1930er Jahre verliebt er sich in die »Halbjüdin« Rosa Raber – und für diese Liebe gibt er alles auf, was er sich aufgebaut hat. Er nimmt den Ausschluss aus der Partei in Kauf, widersetzt sich den Anfeindungen seiner Parteigenossen und tritt die Brauerei Mundinger an seinen Bruder ab. Das Paar versucht kurz vor Kriegsbeginn nach Kolumbien auszuwandern, aber der Plan scheitert. Richard hält Rosa dennoch über die ganzen Kriegsjahre die Treue …
Ihre Tochter Ellen Mundinger hat uns vier dicke Ordner mit Briefen zur Verfügung gestellt, die sich das Paar in den Jahren 1934 bis 1948 geschrieben hat. In den Briefen wird eine bewegende Liebesgeschichte greifbar, die authentische Einblicke in die Offenburger NS-Zeit bietet …
»Richard und Rosa – Eine Liebe in finsterer Zeit« ist eine Gemeinschaftsproduktion der VHS Offenburg e.V. mit dem Grimmelshausen-Gymnasium, der HLSOG, der Erich-Kästner-Realschule und der Kunstschule. Die Kostüme sind wie in den Vorjahren in Kooperation mit den Haus- und Landwirtschaftlichen Schulen entstanden. Neu ist die Kooperation mit der Erich-Kästner-Realschule: Eine 6. Klasse hat in einer Projektwoche an der Kunstschule das Bühnenbild erstellt.

Partner

Ein Theaterprojekt der Volkshochschule Offenburg in Kooperation mit dem Theater am Grimmels, den Haus- und Landwirtschaftlichen Schulen Offenburg, der Erich-Kästner-Realschule und der Kunstschule Offenburg

Mitwirkende

Infos zu den Mitwirkenden unserem Programmheft

Der Storytelling-Baukasten

Hier finden sich Erläuterungen, wie die Bausteine des Storytelling-Baukastens in dem Theaterprojekt „Richard und Rosa“ zur Anwendung kommen (ohne dass an dieser Stelle näher auf die Entwicklung der Szene eingegangen werden kann):

Idee

Storyvorlage: Die Eigenproduktion „Richard und Rosa – Eine Liebe in finsterer Zeit“ haben wir hauptsächlich auf der Grundlage von Briefen entwickelt, die sich Richard Mundinger, ein ehemaliger Schüler des Grimmelshausen-Gymnasiums, und Rosa Raber zwischen 1934 und 1948 geschrieben haben. Der Briefwechsel wurde uns von ihrer Tochter Ellen Mundinger zur Verfügung gestellt. Ergänzend haben wir lokalgeschichtliche Forschungen zur NS-Zeit in Offenburg hinzugezogen, insbesondere zur damaligen Radikalisierung von Jugendlichen.

Biografie: Neben den Briefen haben uns zahlreiche Gespräche mit Ellen Mundinger geholfen, die Story von Richard und Rosa zu rekonstruieren.  

Frage: Als Leitfrage hat sich im Prozess des Probens herauskristallisiert: Was ist das Geheimnis eurer Liebe, das euch so stark gemacht hat? Vor ihrem Versuch nach Kolumbien auszuwandern, hat Richard Rosa den Spruch Vergils „Omnia vincit amor – Liebe besiegt alles“ geschenkt. Die tiefe Bedeutung, die dieser Spruch für das Paar bis an ihr Lebensende behalten hat, hat uns zur Leitfrage geführt.

Vision: In dieser realen Erfahrung der Liebe drückt sich für uns eine Vision von Liebe aus, die alle Widerstände überwinden kann – auch wenn der Schatz, in diesem Fall die erstrebte Liebesheirat, in weiter Zukunft liegt. 

Story

Situation: Der Plot setzt mit der Situation ein, in der Rosas Mutter ins KZ Theresienstadt deportiert wird. 

Handlung: Diese Situation befindet sich auf dem Höhepunkt der Story. Der Konflikt spitzt sich in der darauffolgenden Szene weiter zu, als Rosa bei der Gestapo unter Androhung des KZ unterschreiben muss, sich niemals mehr mit Richard zu treffen.

Drehpunkte: Mit der Deportation der Mutter ereignet sich der Mid-Point. Bisher konnte Rosa mit ihrer Mutter und ihren Schwestern zurückgezogen in einem kleinen Dorf im Odenwald leben, bevor  sie nun brutal auseinandergerissen werden.

Konflikt: Richard und Rosa verfolgen seit Jahren das Ziel, heiraten zu dürfen. Weil Rosa „Halbjüdin“ ist, erhalten sie aber trotz aller Bemühungen keine Ehegenehmigung. Zu diesen äußeren Hindernissen kommen innere Konflikte dazu: Je länger der Krieg dauert, desto stärker droht Rosa innerlich zu zerbrechen. Sie hat zunehmend Gedanken an den Freitod.

Heldenreise

Aufbruch: Der Aufbruch zur Heldenreise liegt ein Jahrzehnt zurück, als Richard und Rosa sich zum ersten Mal auf der Darmstädter Hütte kennenlernten und ineinander verliebten. Diese Szene wird in unserem Stück erst später gezeigt.

Aufgaben: Von Anfang an müssen sich Richard und Rosa gegen antisemitische Vorurteile in Richards Lebensumfeld behaupten. Auch der Weg, eine Ehegenehmigung zu bekommen, ist mit vielen Widerständen verbunden. So muss Richard seine berufliche Existenz aufgeben, als er versucht mit Rosa nach Kolumbien auszuwandern.

Prüfung: Die Gestapo-Zentrale erlebt Rosa auf ihrer Heldenreise als tiefste Höhle, in der größte Gegner haust. Es ist ihre entscheidende Prüfung, nach dem erzwungenen Trennung von Richard ihre innere Lebensstärke zu bewahren und weiter für ihre Familie zu kämpfen.

Rückkehr: In den Alltag kann sie letztlich erst zurückkehren, als Richard 1948 nach vierjähriger Kriegsgefangenschaft aus Russland zurückkehrt und das Paar heiraten darf. 

Charaktere

Held: Rosa verkörpert eher den Typ der passiven Heldin, Richard des aktiven Helden. Während Rosa mit inneren Zweifeln zu kämpfen hat, an denen sie innerlich zu zerbrechen droht, setzt sich Richard im Kampf für Rosa mit außerordentlicher Willensstärke über alle äußeren Hindernisse hinweg. Weil er dabei auch seine persönliche Zukunft aufs Spiel setzt, erscheint er als Held im heroischen Sinne. Und doch bleibt eine tiefe Ambivalenz: Im Rückblick lässt sich nicht mehr erkennen, ob er sich dabei auch mutig der NS-Rassenideologie widersetzt oder nur für sein persönliches Glück kämpft.

Gegner: Die Gestapo mit ihrer NS-Rassenideologie ist der zentrale Gegner von Richard und Rosa. Sie ist zugleich ein Schwellenhüter, der das Paar daran hindert, den ersehnten Schatz, die Ehe, zu erlangen.

Helfer: Vor allem Rosas Schwestern treten als Helfer auf – allerdings sind sie angesichts der brutalen Übermacht der Gestapo machtlos.

Storyworld

Setting: Raum 1 ist die äußere Welt, zu der der Familienalltag, die Verhöre durch die Gestapo, die Bombenangriffe, das Soldatenleben in der Ukraine gehören; Raum 2 ist die innere Welt, die durch den Gefühlschor dargestellt wird.

Bewohner: Zur Storyworld, soweit sie in den ersten Szenen sich entfaltet, gehören Rosas Familie (ihr Sohn, ihre Schwestern und ihre Mutter),  ihre Mitbewohnerinnen, Richard und die Soldaten, mit denen er in der Ukraine stationiert ist, die Gestapo.

Werte: Der Wert, für den Rosa und Richard bereit sind, ihr Leben zu opfern, ist die Liebe. Sie steht den menschenverachtenden Gegen-Werten der Gestapo und der Soldaten entgegen.

 

Schauspielen

Rollen: In den ersten Szenen treten Einzelfiguren auf (z.B. Rosa und ihre Familie), Gruppen (die Gestapo-Beamten) und der Chor der Gefühle.

Chor: Der Chor der Gefühle tritt als Bewegungschor (einfache Choreografien) und Erzählchor (Chorisches Sprechen, Stimmcluster) auf.  

Dramaturgie

Plot: Der Plot setzt am tragischen Höhepunkt der Story ein: mit der Deportation von Rosas Mutter und dem anschließenden Verhör bei der Gestapo, bei der Rosa unter Androhung des KZ unterschreiben muss, sich nie wieder mit Richard zu treffen. Anschließend folgen mehrere Szenen in chronologischer Reihenfolge (bis zum Tod ihres Sohnes Rainers nach einem Bombenangriff). Danach folgt ein flashback auf die Vorgeschichte (nicht mehr im Videoausschnitt enthalten).

Wir freuen uns über eine Rückmeldung.

Nach oben scrollen